Wem gehört dieses Haus?

In Darmstadt an dem Haus in der Liebfrauenstraße 68 ist an der Hauswand eine Marmortafel angebracht, die den nachfolgenden Text trägt:

Dies Haus ist mein und doch nicht mein.
Der nach mir kommt, deß wird’s auch nicht sein
Der wird’s dem Dritten übergeben
Und dem wird es wie mir ergehen
Den Vierten trägt man auch hinaus
Freund sag mir: Wem gehört dies Haus?

Die vom Verfasser aufgeworfene Frage ist gar nicht so unbegründet, Wem gehört dieses Haus? Unsere Vorfahren haben sich die ganze Welt in Parzellen aufgeteilt und geben dieses Stück Land an ihre jeweiligen Nachkommen weiter.

Spätere Generationen, die keine Parzellen geerbt haben, müssen sich diese für teures Geld mieten.

Wer da nicht mithalten kann oder nicht mithalten will, lebt auf der Straße.

Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wird zwischen Eigentum und Besitz unterschieden. Als Besitz wird die tatsächliche Herrschaft einer Person an einer Sache definiert. Besitz gilt also nur solange, wie der Besitzer die Sache besitzt. Gibt er sie weiter,  ist er kein Besitzer mehr. sondern eben ein anderer.

Mit einfachen Worten, wenn Hans sich meinen Fernsehapparat leiht, dann bleibe ich nach wie vor Eigentümer,  während Hans für die Zeit der Leihe die Herrschaft über das geliehene Gerät ausübt.

In der Natur gibt es eigentlich nur die tatsächliche  Nutzung, so der Vogel, der ein Nest baut und zum brüten benutzt, die Pflanze, die sich im Boden verankert und irgendwann vergeht, das Revier einer Katze, die alle anderen Katzen von ihrem Gebiet vertreibt, solange sie lebt und sie noch die Kraft hat es zu verteidigen.

Wenn die Nutzung durch Aufgabe der Herrschaft oder den Tod des Lebewesens aufgegeben wird,  ist -jedenfalls im Tier- und Pflanzenreich-  alles wieder frei und die Sache kann von anderen Lebewesen genutzt werden.

Ich habe noch nie davon gehört, dass ein Vogel sein Nest an seine Küken vererbt.

Wie kommt es nun zu dem Eigentumsbegriff, den es nur bei uns Menschen gibt?

Früher waren die Menschen Nomaden und zogen immer weiter, wenn das Wild weiter gezogen ist oder das Vieh den Boden abgegrast hatte. Das Land wurde nur solange in Besitz genommen, wie es erforderlich war, dann zogen alle weiter. Eigentum musste man tragen und je mehr man davon hatte, desto unbeweglicher wurde man.

Ich denke durch die Aufgabe des Nomadentums und die Investition von Mühe, Arbeit und Zeit in die Bewirtschaftung eines Stück Landes und den Bau einer Behausung sollte diese Mühsal der eigenen Sippe oder eigenen Familie erhalten bleiben und alle anderen sollten von der Nutzung ausgeschlossen werden.

Da unsere Erde aber nur einen endlichen Raum hat, gehört irgendwann einmal die ganze Erde einem kleinen Teil der Menschen und alle anderen Menschen sind von der Nutzung ausgeschlossen oder müssen für eine vorübergehende Nutzung dienen oder zahlen.

Das mag in der ersten Generation ja noch nachvollziehbar sein, aber spätestens bei den folgenden Generationen haben die Erben nichts für ihr Erbe getan und schließen trotzdem alle anderen von der kostenfreien Nutzung aus. Mit dem bestehenden Recht wird dieser Zustand für alle Zeiten zementiert.

Für Deutschland gilt beispielsweise folgendes:

„Große Vermögen entstehen der Studie folgend zumeist durch Erbschaften oder Schenkungen. Bei etwa 75 Prozent der als hochvermögend geltenden Deutschen über 40 Lebensjahren wuchs der bereits vorhandene Reichtum durch Schenkung oder Vererbung. Knapp 20 Prozent von ihnen profitierten bereits mehrfach von Erbschaften“
(Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) mit der Universität Potsdam).

So führt dieses Konstrukt über die Jahrhunderte zu einer immer stärken Konzentration von Vermögen und Grundbesitz auf einige wenige Menschen, während alle anderen nur noch ihre Arbeitskraft verkaufen können, um zu leben und zu wohnen.

So sind Sklaverei und die Lehnsarbeit vergangener Zeiten durch die Freiheit abgelöst worden, seine Lebenszeit und Kraft in den Dienst anderer zu stellen, um existieren zu können.

2 Antworten auf „Wem gehört dieses Haus?“

  1. Es gab in der Geschichte (Deutschlands) mehrfach den Versuch Volksvermögen herzustellen.
    Begonnen hat es 1946/47 in Hessen mit einer Volksabstimmung darüber.
    (Kaum bekannt).

    Auch 1989 sollte manches in Volksvermögen bleiben… (Industrieflächen; landwirtschaftliche Flächen; Infrastrukturen, wie Wasserwerke, die notwendigen Versorgungen dienen.

    1. Vielen Dank für den Hinweis.

      Volksvermögen wird ja in der Volkswirtschaft als “Gesamtvermögen der an einer Volkswirtschaft Beteiligten” definiert.

      Hier geht es für mich um die Frage, ob es so etwas wie Vermögen geben sollte, dass einer privatwirtschaftlichen Nutzung entzogen ist.
      Da sind wir wieder bei der Frage der Privatisierung von Staatsvermögen, die ja -je nach welcher politischen Coleur- völlig unterschiedlich beurteilt wird.

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